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Festigkeitslehre / Elastostatik

Thema: Flächenträgheitsmoment

Hier kannst du erfahren, was ein Flächenträgheitsmoment (auch: Flächenmoment 2. Grades oder Flächenmoment 2. Ordnung) ist, wo in der technischen Mechanik es Anwendung findet und wie es berechnet wird.

Lass uns gemeinsam diese wichtigen Konzepte erkunden.

2.1.3 Horizontaler infinitesimaler Flächenstreifen

In Abbildung 6.2.3 verwenden wir anstelle eines winzigen Flächenelements \(\mathrm{d}A\), das die Seitenlängen \(\mathrm{d}y\) und \(\mathrm{d}z\) hat (Abbildung 6.2.1) oder eines vertikal angeordneten, infinitesimalen Flächenstreifens der Dicke \(\mathrm{d}y\), der parallel zur \(z\)-Achse verläuft (Abbildung 6.2.2), einen horizontal angeordneten, infinitesimalen Flächenstreifen der Dicke \(\mathrm{d}z\), der parallel zur \(y\)-Achse verläuft. Dadurch haben alle Punkte auf dem Streifen dieselbe \(z\)-Koordinate in Bezug zur \(y\)-Achse.

Horizontaler Flächenstreifen in beliebiger Fläche. Beliebig angeordnetes x,y,z-Koordinatensystem, y nach links positiv, z nach unten positiv. Flächenstreifen an Position z, Höhe ist dz, Breite ist b(z).
Abb. 6.2.3: Berechnungsmethode horizontaler infinitesimaler Flächenstreifen in kartesischen Koordinaten

Die Breite \(b(z)\) des Flächenstreifens hängt von der \(z\)-Koordinate ab. Daher ergibt sich für das Flächenelement \(\mathrm{d}A\) in den Formeln (6.2) - (6.4) die Berechnung

$$ \begin{align} \tag{1} \mathrm{d}A &= b(z) \cdot \mathrm{d}z \end{align} $$

Um die Berechnung der Flächenträgheitsmomente mit dieser Methode durchführen zu können, ist es erforderlich, dass die funktionale Beziehung \(b(z)\) ermittelt werden kann. Damit erhalten wir die obere und untere Begrenzungsfunktion, die für jedes \(z\) die obere \(\left(y^+(z)\right)\) und untere \(\left(y^-(z)\right)\) Begrenzung des Flächendifferentiales liefert.

Damit gilt für jedes beliebige \(z\):

$$ \begin{align} \tag{2} b(z) &= \int\limits_{y^-(z)}^{y^+(z)} \mathrm{d}y \end{align} $$

Wir können damit für jedes beliebige \(z\) die infinitesimalen Flächenträgheitsmomente nach den Formeln (6.2) und (6.4) bestimmen, indem wir die Gleichungen (10) und (11) nutzen und die unabhängige Variable \(z\) konstant halten:

$$ \begin{alignat}{9} \tag{3} I_y&= \int\limits_{(A)} z^2 \ \mathrm{d}A \quad &&\Rightarrow \quad &&\mathrm{d}I_y(z) &&= z^2 \left( \int\limits_{y^-(z)}^{y^+(z)} \ \mathrm{d}y\right)\ \mathrm{d}z &&= z^2 \left[ y^+(z) - y^-(z)\right]\ \mathrm{d}z \\[7pt] \tag{4} I_z&= \int\limits_{(A)} y^2 \ \mathrm{d}A \quad &&\Rightarrow \quad &&\mathrm{d}I_z(z) &&= \left( \int\limits_{y^-(z)}^{y^+(z)} y^2 \ \mathrm{d}y\right)\ \mathrm{d}z &&= \dfrac{1}{3} \left[ \left(y^+(z)\right)^3 - \left(y^-(z)\right)^3 \right]\ \mathrm{d}z \\[7pt] \tag{5} I_{yz} &= -\int\limits_{(A)} y \cdot z \ \mathrm{d}A \quad &&\Rightarrow \quad &&\mathrm{d}I_{yz}(z) &&= -z \left( \int\limits_{y^-(z)}^{y^+(z)} y \ \mathrm{d}y\right)\ \mathrm{d}z &&= -\dfrac{1}{2}z \left[ \left(y^+(z)\right)^2 - \left(y^-(z)\right)^2 \right]\ \mathrm{d}z \end{alignat} $$

Wir erhalten die gesuchten Flächenträgheitsmomente für die gesamte Fläche, indem wir die infinitesimalen Größen \(\mathrm{d}I_y(z)\), \(\mathrm{d}I_z(z)\) und \(\mathrm{d}I_{yz}(z)\) über die unabhängige Variable \(z\) aufsummieren, also integrieren:

$$ \begin{alignat}{3} \tag{6} I_y&= \int\limits_{z_1}^{z_2} \mathrm{d}I_y(z) &&= \int\limits_{z_1}^{z_2} z^2 \left[ y^+(z) - y^-(z)\right]\ \mathrm{d}z \\[7pt] \tag{7} I_z&= \int\limits_{z_1}^{z_2} \mathrm{d}I_z(z) &&= \dfrac{1}{3} \int\limits_{z_1}^{z_2}\left[ \left(y^+(z)\right)^3 - \left(y^-(z)\right)^3 \right]\ \mathrm{d}z \\[7pt] \tag{8} I_{yz} &= \int\limits_{z_1}^{z_2} \mathrm{d}I_{yz}(z) &&= -\dfrac{1}{2}\int\limits_{z_1}^{z_2} z \left[ \left(y^+(z)\right)^2 - \left(y^-(z)\right)^2 \right]\ \mathrm{d}z \end{alignat} $$

Im Vergleich zur Formel (6.5) vereinfacht sich durch diese Berechnungsmethode im Grunde nur die Gleichung (15) für \(I_y\), da für den horizontalen Flächenstreifen gilt:

$$ \begin{align} \tag{9} y^+(z) - y^-(z) &= b(z) \end{align} $$

Wir erhalten also als Ergebnis

$$ \begin{align} \tag{1} I_y&= \int\limits_{(A)} z^2 \ \mathrm{d}A = \int\limits_{z_1}^{z_2} z^2 \cdot b(z)\ \mathrm{d}z \\[7pt] \tag{2} I_z&= \int\limits_{(A)} y^2 \ \mathrm{d}A = \dfrac{1}{3} \int\limits_{z_1}^{z_2}\left[ \left(y^+(z)\right)^3 - \left(y^-(z)\right)^3 \right]\ \mathrm{d}z \\[7pt] \tag{3}I_{yz} &= -\int\limits_{(A)} y \cdot z \ \mathrm{d}A = -\dfrac{1}{2}\int\limits_{z_1}^{z_2} z \left[ \left(y^+(z)\right)^2 - \left(y^-(z)\right)^2 \right]\ \mathrm{d}z \qquad \end{align} $$

(6.7)

Beispiel 6.3: Bestimme Flächenträgheitsmoment für beliebige Flächen mit der Berechnungsmethode horizontaler infinitesimaler Flächenstreifen in kartesischen Koordinaten

Für die abgebildete Viertelkreisfläche sind folgende Flächenträgheitsmomente bezüglich des dargestellten \(y\), \(z\)-Koordinatensystems unter Verwendung der Berechnungsmethode horizontaler infinitesimaler Flächenstreifen in kartesischen Koordinaten zu bestimmen:

Ein horizontaler Flächenstreifen dA(z) mit den Seitenlängen dz und y(z) wird in einer Viertelkreisfläche exemplarisch dargestellt. Gelbes Koordinatensystem, y nach links positiv, z nach unten positiv. Position des Flächenelementes ist mit z vom Urprung bemaßt.
Abb. B6.3.1: Viertelkreisfläche
  1. axiales Flächenträgheitsmoment \(I_y\)
  2. axiales Flächenträgheitsmoment \(I_z\)
  3. biaxiales Flächenträgheitsmoment \(I_{yz}\)
Lösung

Um die geforderte Berechnungsmethode anwenden zu können, ist es erforderlich, den funktionalen Zusammenhang \(b(z) = y(z)\) und damit auch die obere und untere Begrenzungsfunktion \(y^+(z)\) und \(y^-(z\)) zu ermitteln.

Abbildung
Abb. B6.3.2: Funktionaler Zusammenhang, Kreisgleichung

Wie in Abb. B6.3.2 zu sehen, ist die untere Begrenzungsfunktion

$$ \begin{align} \tag{B6.3-1} y^-(z) &= 0 \end{align} $$

, also die \(z\)-Achse.

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2.1.4 Zusammenfassung für die praktische Anwendung

Wenn wir die Flächenträgheitsmomente für beliebige Flächen berechnen müssen, so müssen wir dies nach den Gleichungen (6.2) - (6.4) über das Flächendifferential \(\mathrm{d}A\) machen. Das bedeutet, dass wir in der Regel doppelt integrieren müssen, da wir das infinitesimale Flächenelement \(\mathrm{d}A\) über je eine Komponente in \(y\)- und in \(z\)-Richtung bestimmen müssen.

Dies betrifft alle Formeln nach (6.5), (6.6) und (6.7). Vereinfachungen erhalten wir bei der Berechnung von \(I_y\) nach Formel (6.7) und \(I_z\) nach Formel (6.6), da hier die ersten Integrationen nach den Gleichungen (4) und (12) \(h(y)\) und \(b(z)\) ergeben. Somit müssen wir uns in diesen Fällen nur mit einer Integration näher beschäftigen.

Die Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Formeln ist, dass die Funktionen \(b(z)\) und \(h(y)\) aufgestellt werden können. Ist dies der Fall, so können auch die Begrenzungsfunktionen \(y^+(z)\), \(y^-(z)\), \(z^+(y)\) und \(z^-(y)\) aufgestellt werden. Daher kann zur Berechnung des biaxialen Flächenträgheitsmomentes \(I_{yz}\) wahlweise nach Formel (6.6) oder (6.7) vorgegangen werden.

Daher ist es empfehlenswert, bei der Berechnung der Flächenträgheitsmomente in kartesischen Koordinaten die folgenden Formeln, basierend auf den Berechnungsmethoden horizontaler und vertikaler infinitesimaler Flächenstreifen zu verwenden:

$$ \begin{align} \tag{1} I_y&= \int\limits_{(A)} z^2 \ \mathrm{d}A = \int\limits_{z_1}^{z_2} z^2 \cdot b(z)\ \mathrm{d}z \\[7pt] \tag{2} I_z&= \int\limits_{(A)} y^2 \ \mathrm{d}A = \int\limits_{y_1}^{y_2} y^2 \cdot h(y)\ \mathrm{d}y \\[7pt] \tag{3a} I_{yz} &= -\int\limits_{(A)} y \cdot z \ \mathrm{d}A = -\dfrac{1}{2}\int\limits_{z_1}^{z_2} z \left[ \left(y^+(z)\right)^2 - \left(y^-(z)\right)^2 \right]\ \mathrm{d}z \\[7pt] \tag{3b} I_{yz} &= -\int\limits_{(A)} y \cdot z \ \mathrm{d}A = -\dfrac{1}{2}\int\limits_{y_1}^{y_2} y \left[ \left(z^+(y)\right)^2 - \left(z^-(y)\right)^2 \right]\ \mathrm{d}y \qquad \end{align} $$

(6.8)

Können \(b(z)\) und/oder \(h(y)\) nicht gefunden werden, müssen nach Formel (6.5), (6.6) oder (6.7) andere Möglichkeiten zur Berechnung gefunden werden. Gelingt auch hier keine Integration, besteht die Möglichkeit, von kartesischen Koordinaten auf Polarkoordinaten auszuweichen.

2.2 Verwendung von Polarkoordinaten

2.2.1 Infinitesimales Flächenelement

Wir arbeiten mit einem winzigen Flächenelement \(\mathrm{dA}\). Das infinitisemale Flächenelement \(\mathrm{dA}\) ist definiert als das Produkt aus der Breite und der Höhe des infinitesimalen Rechtecks, das dieses Flächenelement darstellt.

In Polarkoordinaten entspricht die Breite dieses Flächenelementes der Bogenlänge eines Kreissegmentes, das durch zwei benachbarte Radien, die den infinitesimalen Winkel \(\mathrm{d}\varphi\) einschließen, begrenzt ist.

Ein rechteckiges Flächenelement dA mit den Seitenlängen dr und rdPhi wird in einer beliebigen Querschnittsfläche exemplarisch dargestellt. Seine Position wird anhand eines beliebig angeordneten, gelben x,y,z-Koordinatensystems mit den Variablen y=r cos(Phi) und z=r sin(Phi) bemaßt.
Abb. 6.2.4: Berechnungsmethode infinitesimales Flächenelement in Polarkoordinaten

Diese Breite bzw. Bogenlänge verändert sich mit dem Abstand des Bogens vom Ursprung des Koordinatensystems, sie ist also Abhängig von \(r\). Konkret berechnet sich die Bogenlänge \(b\) unseres infinitesimalen Kreissegmentes mit:

$$ \begin{align} \tag{19} b &= r \mathrm{d}\varphi \end{align} $$

Die Höhe des Flächenelementes ist gegeben durch die Distanz zwischen zwei konzentrischen Kreisen, \(\mathrm{d}r\). Somit ergibt sich die Fläche des Rechtecks als

$$ \begin{align} \tag{20} \mathrm{d}A &= r \mathrm{d}\varphi \mathrm{d}r \end{align} $$

Da dieses Flächenelement infinitesimal in beiden Koordinatenrichtungen ist, benötigen wir ein Doppelintegral, um die Berechnung durchzuführen. Ersetzen wir die Koordinaten \(y\) und \(z\) dieses infinitesimalen Flächenelements mit

$$ \begin{align} \tag{21} y &= r \cos(\varphi) \\[7pt] \tag{22} z &= r \sin(\varphi) \end{align} $$

erhalten wir

$$ \begin{align} I_y&= \int\limits_{(A)} z^2 \ \mathrm{d}A = \int\limits_{(\varphi)} \int\limits_{(r(\varphi))} \left(r \sin(\varphi)\right)^2 r \ \mathrm{d}\varphi \mathrm{d}r = \int\limits_{(\varphi)} \int\limits_{(r(\varphi))} r^3 \sin^2(\varphi) \ \mathrm{d}\varphi \mathrm{d}r \\[7pt] I_z&= \int\limits_{(A)} y^2 \ \mathrm{d}A = \int\limits_{(\varphi)} \int\limits_{(r(\varphi))} \left(r \cos(\varphi)\right)^2 r \ \mathrm{d}\varphi \mathrm{d}r = \int\limits_{(\varphi)} \int\limits_{(r(\varphi))} r^3 \cos^2(\varphi)\ \mathrm{d}\varphi \mathrm{d}r\\[7pt] I_{yz} &= -\int\limits_{(A)} y \cdot z \ \mathrm{d}A = -\int\limits_{(\varphi)} \int\limits_{(r(\varphi))} r^3 \cos(\varphi)\sin(\varphi) \ \mathrm{d}\varphi \mathrm{d}r \end{align} $$

(6.9)

Um diese Formel anwenden zu können, ist es erforderlich, den funktionalen Zusammenhang \(r(\varphi)\) zu ermitteln. Sollte dies nicht möglich sein, besteht als alternative Option die Verwendung der Integrationsgrenzen \(r\) und \(\varphi(r)\).

Beispiel 6.4: Bestimme Flächenträgheitsmomente für beliebige Flächen mit der Berechnungsmethode infinitesimales Flächenelement in Polarkoordinaten

Für die abgebildete Viertelkreisfläche sind folgende Flächenträgheitsmomente bezüglich des dargestellten \(y\), \(z\)-Koordinatensystems unter Verwendung der Berechnungsmethode infinitesimales Flächenelement in Polarkoordinaten zu bestimmen:

Ein rechteckiges Flächenelement dA mit den Seitenlängen dr und rdPhi wird in einer Viertelkreisfläche exemplarisch dargestellt. Gelbes Koordinatensystem, y nach links positiv, z nach unten positiv. Position des Flächenelementes ist mit y und z vom Urprung bemaßt.
Abb. B6.4.1: Viertelkreisfläche
  1. axiales Flächenträgheitsmoment \(I_y\)
  2. axiales Flächenträgheitsmoment \(I_z\)
  3. biaxiales Flächenträgheitsmoment \(I_{yz}\)
Lösung

Um die geforderte Berechnungsmethode anwenden zu können, ist es erforderlich, den funktionalen Zusammenhang \(r(\varphi)\) zu ermitteln.

Diesen finden wir, wenn wir uns für den (Viertel-) Kreis den Zusammenhang von einem beliebigen Winkel \(\varphi\) und dem dazugehörigen Radius \(r(\varphi)\) des (Viertel-) Kreises verdeutlichen: Der Radius ist konstant. Diese Eigenschaft des Kreises vereinfacht die Berechnung nach dieser Methode. Sie ist daher bei der Berechnung kreisförmiger Flächen den Berechnungsmethoden mit kartesischen Koordinaten zu bevorzugen.

a) axiales Flächenträgheitsmoment \(I_y\)

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