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Starrkörperstatik

Zentrale Kräftesysteme: Kräfte mit einem gemeinsamen Angriffspunkt

In der Technischen Mechanik spielt die Analyse von Kräften, die auf ein Objekt wirken, eine zentrale Rolle. Ein wichtiger Spezialfall ist das zentrale Kräftesystem, bei dem alle diese Kräfte einen gemeinsamen Angriffspunkt besitzen. In diesem Kapitel befassen wir uns mit den Eigenschaften und der Analyse zentraler Kräftesysteme und erkunden:

  • Definition und Eigenschaften: Was ist ein zentrales Kräftesystem? Welche besonderen Eigenschaften zeichnen es aus?
  • Grundaufgaben der Starrkörperstatik für zentrale Kräftesysteme:
    • Reduktion: Ein System von mehreren Kräften auf einen einzigen Punkt (Kraftschwerpunkt) reduzieren.
    • Gleichgewicht: Bestimmen, ob ein Körper unter der Wirkung von Kräften in Ruhe bleibt oder sich bewegt.
    • Zerlegung: Eine Kraft in mehrere Einzelkräfte zerlegen.

Bist du bereit, diese Geheimnisse zu lüften?

Auf dieser Seite
Übungsaufgaben

5. Zweite Grundaufgabe: Gleichgewicht

Rechnerische Lösung
Okay, Ingenieur*in in spe, aufgepasst!

Die grafische Methode aus dem letzten Kapitel war zwar ganz cool für 2D, aber so richtig genau und praktisch für 3D ist sie leider nicht. Deswegen schalten wir jetzt einen Gang höher und begeben uns auf die mathematische Überholspur: Präzise und elegant lösen wir Gleichgewichtsprobleme mit purem Rechnen!

Schnapp dir Stift, Papier und deinen besten Kumpel, den Taschenrechner, und los geht's!

Vorbereitung

Erinnerst du dich an die Erkenntnis aus dem letzten Kapitel? Ein zentrales Kräftesystem ist im Gleichgewicht, wenn die Summe aller Kräfte 0 ist. Vektorisch ausgedrückt:

$$ \begin{align} \tag{1} \vec{R} &=\sum\ \vec{F}_{i} = 0 \end{align} $$

Aber wann ist ein Vektor eigentlich 0?

Das musst du wissen:
  • Kräfte sind Vektoren. Im kartesischen Koordinatensystem haben sie also Komponenten für jede Achse:
    $$ \begin{align} \tag{2} \vec{F} &= \begin{pmatrix} F_x\\ F_y \\ F_z \end{pmatrix} \end{align} $$
  • Vektoren werden komponentenweise addiert. Die x-Komponente der Resultierenden zum Beispiel:
    $$ \begin{align} \tag{3} F_x &= {F_1}_x + {F_2}_x + \ldots + {F_n}_x = \sum_{i=1}^n {F_i}_x \end{align} $$
  • Ein Vektor ist 0, wenn alle seine Komponenten 0 sind..
    $$ \begin{align} \tag{4} \vec{R} &=\sum\ \vec{F}_{i} = 0 = \begin{pmatrix} 0\\ 0 \\ 0 \end{pmatrix} \end{align} $$
Die "Skalaren Gleichgewichtsbedingungen"

Daraus ergeben sich folgende Formeln, die als Bedingung für das Gleichgewicht in einem zentralen Kräftesystem im kartesischen Koordinatensystem erfüllt sein müssen:

  • 2D:
    $$ \begin{aligned} R_x &= \sum_{i=1}^n F_{i_x} = 0 \\[12pt] R_y &= \sum_{i=1}^n F_{i_y} = 0 \end{aligned} $$
  • 3D:
    $$ \begin{aligned} R_x &= \sum_{i=1}^n F_{i_x} = 0 \\[12pt] R_y &= \sum_{i=1}^n F_{i_y} = 0 \\[12pt] R_z &= \sum_{i=1}^n F_{i_z} = 0 \end{aligned} $$

(2.7)

Bedeutet: Um das Gleichgewicht eines zentralen Kräftesystems zu bestimmen, brauchen wir zwei Gleichungen (2D) bzw. drei Gleichungen (3D).

So funktioniert's Schritt für Schritt:
  1. Zerlege die Kräfte: Jede Kraft Fi lässt sich in zwei (drei) Komponenten zerlegen: eine horizontale Fix und eine vertikale Fiy (und in 3D zusätzlich Fiz).

    Geheimtipp: Nutze zur Bestimmung der Komponenten nicht den Richtungswinkel \(\alpha_i\), sondern lieber einen der spitzen Winkel des Kräftedreiecks aus Kraftvektor und seinen Komponenten, z.B. \(\alpha_{i_{Spitz}}\).

    Diese Abbildung 3.5.1 zeigt einen Kraftvektor F in den 4 verschiedenen Quadranten des ebenen Koordinatensystems.
    Abb. 3.5.1: Vier Fälle: Richtungswinkel \(\alpha_i\) und spitzer Winkel \(\alpha_{i_{Spitz}}\)
    Warum?
    • Berechnung easy: Winkel ausrechnen, fertig! Kein Stress mit Bezugsrichtungen und komplizierten Formeln.
    • Super visuell: Der spitze Winkel ist eindeutig und lässt sich super darstellen – perfekt, um die Beziehungen im System auf einen Blick zu erfassen.

    Aber Achtung: Achte beim Aufstellen der Gleichungen (2.7) auf die positive Richtung! Kräfte in diese Richtung bekommen ein positives Vorzeichen, entgegengesetzte ein negatives.

    Extra-Tipp: Da die positiven Richtungen frei wählbar sind, werden sie oft mit Pfeilen gekennzeichnet. Statt "\(\sum F_{i_x}=0\) nach rechts positiv" schreibst du also einfach "\(\rightarrow:\)".

  2. Addiere die Komponenten: Summiere alle horizontalen und vertikalen Komponenten separat: \(\sum F_{i_x}= \dots\) und \(\sum F_{i_y}= \dots\)
  3. Auswertung:
    • Gleichgewicht erreicht: Sind alle Gleichungen \((\sum F_{i_x}=0\) und \(\sum F_{i_y}=0\)) erfüllt, befindet sich das System im Gleichgewicht.
    • Kein Gleichgewicht: Erfüllt mindestens eine Gleichung diese Bedingung nicht, herrscht kein Gleichgewicht.
So einfach ist das!

Mit dieser Methode knackst du jedes zentrale Kräftesystem. Probiere es gleich aus und werde zum Meister der zentralen Kräftesysteme!

Aber Achtung: Diese Methode gilt nur für zentrale Kräftesysteme (Wirkungslinien durch einen Punkt). Bei anderen Kraftanordnungen benötigst du unter Umständen raffiniertere Methoden.

Mit etwas Übung und Spaß an der Gleichgewichtsberechnung wirst du aber schnell zum Profi!

Du hast noch Fragen?

Kein Problem! In den nächsten Kapiteln gehen wir noch tiefer in die Welt der zentralen Kräftesysteme ein und lüften weitere Geheimnisse.

Bleib dran und viel Erfolg!